Editorial im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern von Chefredakteurin Susanne Borée zum Gedenken an den 20. Juli 1944
„Wenn du unentschlossen bist zwischen zwei Dingen, so wähle das dir weniger bequeme.“ Dieser Satz von Paul Schneider, des „ersten Märtyrers“ aus dem kirchlichen Bereich während des Dritten Reiches, lässt aufhorchen. Das ist ein Satz, der mir bisher noch nicht begegnet war.
Alle Jahre wieder – oder zumindest zweimal in einem Jahrzehnt – steht auch das Gedenken an den 20. Juli 1944 an. Diesmal sind es sogar schon 80 Jahre, seitdem das Hitler-Attentat stattfand.
Das übliche Ritual? Dieses Mal soll es in einen weiteren Horizont gestellt sein. Kurz zuvor, im Juni 1944 fand das Massaker in dem französischen Ort Oradour statt, an das ein Vortrag auf dem Hesselberg erinnerte.
Dieses Gedenken hier im Sonntagsblatt im Zusammenhang verschiedener Erinnerungen an Formen des Widerstands gegen die Nazis stehen: auch den von Frauen. Bislang war als Widerstandskämpferin im Wesentlichen Sophie Scholl bekannt. Erst in den vergangenen Jahren hat der Widerstand zunehmend ein weibliches Gesicht bekommen. Eine Ausstellung widmet sich 18 bekannten und unbekannten Frauen.
Der christliche Widerstand gegen die Nazis soll nicht vergessen sein: Bereits fünf Jahre vor dem 20. Juli 1944 wurde Paul Schneider am 18. Juli 1939 im Konzentrationslager Buchenwald ermordet: Bislang war selbst sein Zeugnis relativ wenig bekannt – es gab nur Veröffentlichungen über ihn in kleinerer Auflage. Nun hat die Evangelische Verlagsanstalt eine schmale aber lesenswerte Biographie publiziert …
Weitere Dokumente online laden dazu ein, sich weiter in seine Gedanken und sein Wirken zu vertiefen. Zwar sind seine eingescannten Briefe durchaus nicht einfach zu entziffern – aber dies könnte eine Grundlage für Projekt- oder Seminararbeiten bieten. Weitere Materialien lassen sich im Konfi- oder Reli-Unterricht verwenden.
Hätte Schneider sich nicht Kompromissen beugen können oder führt gerade das vom standhaften Zeugnis weg? Wolfgang Huber, den ehemaligen Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland jedenfalls machte Schneiders „Handeln mitunter ratlos“ – auch wenn Schneider gerade so „Trost und Hoffnung“ schenken konnte. Eine Ausnahmeerscheinung? Oder kann das auch eine Anfrage für den Alltag sein: Welchen unbequemeren Weg sollte ich da wählen?