Herzenspost

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Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern

Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern zum 2. Korintherbrief

Ist doch offenbar geworden, dass ihr ein Brief Christi seid durch unsern Dienst, geschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes, nicht auf steinerne Tafeln, sondern auf fleischerne Tafeln der Herzen. Solches Vertrauen aber haben wir durch Christus zu Gott. Nicht dass wir tüchtig sind von uns selber, uns etwas zuzurechnen als von uns selber; sondern dass wir tüchtig sind, ist von Gott, der uns auch tüchtig gemacht hat zu Dienern des neuen Bundes, nicht des Buchstabens, sondern des Geistes. Denn der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig.

2. Korinther 3,3–6

S… SP… SPE… Meine Mutter zog ungeduldig an meiner Hand. Sie wollte einkaufen, aber ich blieb stehen. SPEDI… SPEDITI… Sie merkte, dass ich anfing zu lesen. SPEDITIO… Ich versuchte, die großen Buchstaben auf dem Lastwagen zusammenzusetzen. Der Lastwagen fuhr los und ich konnte nicht zu Ende lesen. „Was heißt das?“, fragte ich. „Spedition“, sagte sie. Und ich erinnere mich nicht mehr an die Erklärung, weil ich sie nicht verstand. 

So wie ich damals Schwierigkeiten hatte, das Wort „Spedition“ zu verstehen, so ist auch Paulus in seinen Briefen nicht immer leicht zu verstehen. In diesem Brief spürt man, dass er sich angegriffen und missverstanden fühlt, weil man ihm vorwirft, er wolle sich groß machen. Aber das weist er zurück. Er will, dass die Empfänger verstehen, was er meint. Fangen wir wieder an, uns selbst zu empfehlen? Oder brauchen wir, wie manche, Empfehlungsschreiben? (Vers 1)

Seine zynische Frage provoziert: Es nützt nichts, sich selbst wichtig zu machen, auch nicht durch die Hilfe und Bestätigung anderer. Und doch will Paulus die Herzen erreichen. Dazu erklärt er in seinem Brief an die Korinther die Adressaten selbst zu einem Empfehlungsbrief, der in sein Herz ge­­schrie­ben ist. Und dieser Brief des Herzens, sagt er, richtet sich an alle Menschen. 

Ihr seid unser Brief, in unser Herz geschrieben, erkannt und gelesen von allen Menschen! (Vers 2) Er spricht den Korinthern eine große Wertschätzung aus. Er sieht, was sie durch Gott sind, und das ist ihm wichtig: Sie empfehlen sich nicht selbst durch ihr Leben, sondern sie empfehlen Christus. Es ist der Geist des lebendigen Gottes, der durch sie wirkt. 

Wir brauchen das Vertrauen auf Gott. Er befähigt uns Menschen. Durch uns spricht und handelt er: Er tröstet, schenkt Zeit und Kraft.

Es ist ein unglaublich schönes Gefühl, Menschen zu berühren, ihnen Freude zu schenken und in ihnen Vertrauen zu wecken. Wenn sie dafür danken, freue ich mich, dass Gottes Geist durch uns wirkt. 

Beim Essen erzählte meine Mutter begeistert, dass ich zu ihrer Überraschung angefangen hatte zu lesen. Ihre Freude über mich war einfach wunderbar. Das hat mein Herz berührt und eine Spur in meinem Leben hinterlassen. Nicht nur, dass ich viel gelesen habe. Gottes Herzensbrief hat mich erreicht und ich darf Menschen kennenlernen, die als Herzensbriefe Gottes leben. 

So wie meine Mutter damals mein Herz berührt hat, so können auch wir als Herzensbriefe Gottes die Herzen anderer Menschen berühren. Versteht ihr?

Rainer Horn, Dekan in Leutershausen

Lied 390: Erneure mich, o ewigs Licht