
Frühjahrstagung der bayerischen Landessynode mit mahnenden Worten eröffnet
Augsburg. Mit Gottesdienst und Empfang ist am Sonntagabend in Augsburg die Frühjahrstagung der bayerischen evangelischen Landessynode eröffnet worden. Die bayerische Diakonie-Präsidentin Sabine Weingärtner rief in ihrer Predigt in der evangelischen St. Ulrichskirche das hohe Armutsrisiko auch in Bayern in Erinnerung. Derzeit sei jede vierte Frau im Rentenalter im Freistaat von Armut betroffen, ebenso wie jedes fünfte Kind, sagte sie.
Die Zahl der wohnungslosen Menschen in Bayern habe sich in den vergangenen drei Jahren mehr als verdoppelt und liege aktuell bei über 50.000. Die Frühjahrstagung dauert bis Donnerstag, 3. April, und hat das Schwerpunktthema „Diakonische Kirche – kirchliche Diakonie“. Sie ist die vorletzte Tagung in der sechsjährigen Synodalperiode. Im Dezember werden die neuen Synodalen gewählt, die sich im Frühjahr 2026 zur konstituierenden Tagung in Bayreuth treffen.
„Gleichzeitig mussten wir erleben, dass das Thema Armut im Bundestagswahlkampf in den letzten Wochen fast keine Rolle gespielt hat“, sagte Weingärtner. Auch in den aktuellen Zwischenergebnissen der Koalitionsverhandlungen sei so gut wie nichts dazu zu lesen. Sie zeigte sich überzeugt, dass die evangelische Kirche und die Diakonie „mit so vielen Menschen und Angeboten“ das Land verändern könnten.
Heilsame Unruhestifterin
Die Kirche muss nach Überzeugung von Synodenpräsidentin Annekathrin Preidel eine heilsame Unruhestifterin sein. „Sie muss bereit sein, zu stören aus dem Einsatz für Liebe und Barmherzigkeit heraus, selbst wenn damit allgemein anerkannte Regeln gebrochen werden“, sagte die Präsidentin des evangelischen Kirchenparlaments in ihrer Eröffnungsansprache. Die Torheit des Wortes vom Kreuz sei ein Störfaktor für die Welt. Kirche habe den Auftrag, auf die Würde jedes Menschen zu achten, sich für Arme und Randgruppen starkzumachen und sich nicht mit ungerechten Strukturen abzufinden.
Dabei mahnte Preidel. „Glaube zeigt sich in Wort und Tat“ – also in Predigt und Gebet, aber auch in der Hilfe für Menschen in Not. Kirche müsse sich gegen bestehende Verhältnisse stellen, „indem sie Geflüchtete unterstützt, Arbeitslosen beisteht oder sich für faire Löhne einsetzt“.
Im Gegenzug müsse sie aber auch bereit sein zur Selbstkritik. Denn sie sei keineswegs wie ein eingefrorenes Computerbild, sondern lebendig in der Kraft Jesu. „Nur so bleibt sie lebendig, glaubwürdig und relevant. Sie muss unbequem sein – auch für sich selbst“, sagte Preidel.
Machtstrukturen müssten hinterfragt werden, Missbrauch und Verfehlungen müssten aufgearbeitet und überholte theologische Positionen neu bedacht werden. Auch das Kirchenparlament selbst müsse sich „stören lassen“, sagte Preidel mit Blick auf aktuelle Strukturveränderungen angesichts von sinkenden Mitgliedszahlen und sinkenden Kirchensteuereinnahmen. Erschütterungen dürften nicht nur als Krise, sondern müssten als Chance verstanden werden – „als Impuls für Wandel und als Gelegenheit, das Wesentliche neu zu entdecken“.
Die Landessynode brauche eine neue Struktur für ihre Zusammensetzung, auch die derzeitige Größe von 108 Synodalen überschreite das Haushaltsbudget deutlich. Die neue Synode, die im Advent 2025 gewählt werde und sich im Frühjahr 2026 konstituiere, werde „sehr rasch Neues zu entwickeln haben“. Einsparprozesse dort seien noch offen. Die Landessynode werde deshalb als Haushaltssouverän ihr Budget wegen der nicht reduzierten Größe „deutlich“ überschreiten. Insgesamt müsse sie zusehen, wie sie die Synodenkosten „in den Griff“ bekomme. Ein einziger Ausschusstag zur Vorbereitung einer Synodaltagung koste nach ihren Worten 20.000 Euro – wenn er in Präsenz stattfindet. Digitale Treffen sind da deutlich günstiger.
Wirksamkeit nach außen
Dabei will die „Liebesbotschaft Gottes hinaus in alle Welt“, sagte Landesbischof Christian Kopp in seinem Bischofsbericht. Deshalb werde sich die evangelische Kirche immer dann zu Wort melden, „wenn es um zentrale Punkte des Menschseins geht“. Dazu gehörten etwa die Folgen des weltweiten Klimawandels, die Migrationsfrage oder alle Formen von Rassismus. Der Kerngedanke des christlichen Glaubens beschränke sich nicht auf das Privatleben.
Gleichzeitig kann Kopp der aktuellen Debatte um die Streichung eines gesetzlichen Feiertages nichts abgewinnen. Menschen, die viel arbeiteten, müssten sich auch erholen und schöne Erlebnisse haben können. Ferner seien sie mehrheitlich christlicher Natur – ein Kulturgut.
Den Kirchen schreibt der Landesbischof gerade in Zeiten der Umwälzung und der Spaltung eine verständigende und versöhnende Aufgabe zu. „Wir erleben Zeiten, in denen Menschen konsequent Wahrheiten außer Kraft setzen“, so Kopp. Immer mehr Haltungen würden sich jedem konstruktiven Dialog verweigern: „Diese Zeiten machen es ehrlichen und offenen Menschen schwer.“ Daher sei es wichtig, dass die Kirche Plattformen für Dialoge startet.
Kopp konkretisierte auch seine Aussage von vor einigen Monaten, dass 2025 „das Jahr der Entscheidungen“ sein wird. Der Landeskirchenrat als eines von vier Leitungsorganen der Landeskirche werde dem Kirchenparlament zur Herbsttagung eine „wirkungsorientierte Finanzplanung“ vorlegen. Man wolle künftig „konsequent von der Wirksamkeit her“ denken, sagte Kopp: „Wozu machen wir was? Was dient den Menschen (…) auch in Zukunft?“ Dazu gehöre es, sich von einigen Aufgaben zu verabschieden: „Darüber müssen wir jetzt reden und entscheiden.“
Ebenfalls bei der Herbsttagung – der letzten Sitzung der Landessynode in dieser Legislaturperiode – könnte das Kirchenparlament über die EKD-Anerkennungsrichtlinie für Betroffene sexualisierter Gewalt entscheiden. Kopp sagte, er hoffe, dass die Herbstsynode dies beschließe.
Der Landesbischof begrüßte bereits am Eröffnungsabend einen Vorschlag des Augsburger katholische Bischof Bertram Meier. Dieser bot an, dass beim 500. Jubiläum der „Confessio Augustana“ 2030 auch die katholische Kirche dabei sein werde. Er hoffe, dass das Jubiläum als eine Art Einheitsdokument für die zwei großen Kirchen wahrgenommen werde – mehr noch als die gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre von 1999. Auch der Augsburger evangelische Dekan Frank Kreiselmeier betonte die Bedeutung des Jubiläums. Mit der Landeskirche und dem Lutherischen Weltbund bereite man dies vor. Und Kopp freute sich auf das ökumenische Miteinander und hoffe, dass dann von Augsburg ein „riesengroßes, starkes ökumenisches Zeichen in alle Welt ausgeht“. epd/bor