„Reli“ mit Jesaja

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Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern

Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern zum Gottesknechtslied Jesajas

Gott der HERR hat mir eine Zunge gegeben, wie sie Jünger haben, dass ich wisse, mit den Müden zu rechter Zeit zu reden. Er weckt mir das Ohr, dass ich höre, wie Jünger hören. Gott der HERR hat mir das Ohr geöffnet. Und ich bin nicht ungehorsam und weiche nicht zurück. ch bot meinen Rücken dar denen, die mich schlugen, und meine Wangen denen, die mich rauften. Mein Angesicht verbarg ich nicht vor Schmach und Speichel. Aber Gott der HERR hilft mir, darum werde ich nicht zuschanden.

Aus Jesaja 50,4–8

„Reli“ am Morgen. Die „Pubertiere“ der 10. Klasse quälen sich müde und matt in den Unterricht. Als Lehrer bete ich flehentlich: „Gott, schenke mir eine Zunge, mit den Müden zu reden!“ Der Unterricht soll kompetenzorientiert und gut lutherisch sein – kein purer Humanismus, keine ethischen Verhaltensmaximen, sondern: Ich matter, mutloser Mensch blicke auf Gott. 

Der Jesaja-Text hilft. Manchmal ist Schule wie ein „Kampfplatz“, wo ich mich „erschlagen“ fühle, wo ich „eins auf die Backe“ kriege. Man ist erschöpft und überfordert. Dann wünsche ich mir eine „Zunge“, die Worte der Weisheit und des Trostes findet. Ein „Ohr“, das aus dem Stimmenwirrwarr Worte der Orientierung hört. Und einen „Rücken“, der die täglichen Rück-Schläge erträgt. Mein Ziel: „Reli“ vermittelt Kindern und Jugendlichen Mut und Standhaftigkeit in unsicheren Zeiten – ganz im Sinne von Jesaja. 

„Ohr“ und „Zunge“ – passende Bilder für die Schule und fürs Leben: Auf was hören wir? Welchem Wort kann ich vertrauen? Welches ist das richtige? Da sind viele Stimmen, die an das Ohr gelangen, die bestätigen, widersprechen, schreien und flüstern. Doch Gott selbst lässt sich hören, so wie es damals bei Jesaja auch war. Gott lässt sich hören durch das Wort des Menschen, der darum bittet: „Vater vergib mir…“.

Genau dazu hat Gott uns die Zunge gegeben. Nicht, um das Lied der Klage lauter werden zu lassen. Das ist schon laut genug. Sondern den Müden zur richtigen Zeit das richtige Wort – Gottes Wort – zu sagen. Es sind viele, viel zu viele „müde Menschen“. Man spürt es an den Gesichtern, der Körperhaltung und der Sprache.

Da sind verlassene Mütter, verlassene Väter und verlassene Kinder. Die Beziehung, die tragen sollte, ist zerbrochen und wird zur Last. Viele Kinder wissen gar nicht, was ein Vater ist, der fördert und fordert, der nervt und navigiert „Mein Vater? Der ist alle zwei Wochen bei mir“, seufzte neulich ein Viertklässler. Kann dieses Kind das „Vater unser“ beten? Allein sein macht müde.

Dagegen setze ich den Lehrer „Jesaja“: Der treue Gottesmann, schenkt seinen Schülerinnen und Schülern sowie dem Kollegium einen Button. Auf dem steht: „Lächle – Gott liebt Dich!“ Als Jugendliche haben wir als „Jesus People“ auch solche Buttons getragen. Richtig daran war und ist: Müdigkeit und Traurigkeit steht dem Christenmenschen auf Dauer nicht so gut zu Gesicht. 

„Wenn ich müde bin, trinke ich Red Bull! Das verleiht Flügel, “, provoziert ein Zehntklässler. Jetzt sind auch die Letzten hellwach und lachen. Welche Antwort steht an? Vielleicht: Gott ist der wahre „Energie-Booster“, der uns Flügel verleiht – nicht für einen kurzen Kick, sondern für den langen, manchmal auch mühsamen Weg durchs Leben. Es gongt. Die Reli-Stunde ist aus … 

Thomas Klenner, Leiter des Schulreferats im Dekanat Regensburg