Österliches Editorial im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern von Inge Wollschläger
Bei einem Gottesdienst im Altenheim sangen wir „Jesu, meine Freude“. Es ist ein Lied, das viele der Anwesenden mitsingen und -summen konnten. Vielleicht ist es auch bekannt, weil Johann Sebastian Bachs Motette „Jesu, meine Freude“ das Lied als Grundlage verwendete.
Auch ich kenne es seit vielen Jahren. Immer wieder stelle ich dabei fest, dass mir eine andere Textzeile auffällt. Dieses mal war es die 3. Strophe:
„Trotz dem alten Drachen, trotz dem Todesrachen, Trotz der Furcht dazu! Tobe, Welt, und springe, ich steh‘ hier und singe in gar sichrer Ruh‘. Gottes Macht hält mich in Acht, Erd‘ und Abgrund muss verstummen, ob sie noch so brummen.“
Ich wollte genauer wissen, was vielleicht der Ursprung dieser Zeilen war: Johann Franck hat diese Verse im Jahr 1653 verfasst. Sicherlich war es eine sehr bewegte Zeit, die stark vom Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) und seinen Folgen geprägt war. Zwar war der Krieg offiziell vorbei, aber viele Regionen des Heiligen Römischen Reiches litten noch unter den Nachwirkungen – Hungersnöte, wirtschaftlicher Ruin und soziale Unsicherheit bestimmten das Leben vieler Menschen. In Preußen, wo Franck lebte, war insbesondere die Mark Brandenburg von den Kriegsfolgen betroffen. Der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm begann, sein Land wieder aufzubauen, was mit vielen Herausforderungen verbunden war. Zudem gab es religiöse Spannungen, da der westfälische Friede zwar eine Gleichstellung der Konfessionen brachte, aber weiterhin Konflikte zwischen Lutheranern, Reformierten und Katholiken bestanden.
Es scheint, als hätte sich in den knapp 400 Jahren seit Entstehung des Liedes nicht wirklich viel Grundlegendes geändert. Krisen, Ängste und Sorgen sind nicht weniger geworden. Und trotzdem: Als ich mit den Bewohnerinnen und Bewohnern sang, spürte ich: All das, was uns ängstigt, muss nicht das letzte Wort haben. Für unsere derzeitige Welt bedeutet es: Trotz aller Bedrohungen können wir Gläubigen im Vertrauen auf Gottes Macht eine innere Sicherheit wiederfinden.
Gerade jetzt brauchen wir alle eine Quelle der Hoffnung. Der Liedtext zeigt eine Haltung des Trotzes – nicht aus Naivität, sondern aus dem tiefen Vertrauen, dass Gott stärker ist als alle Schrecken der Zeit.