Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern über das Vertrauen, dass Gott einen Lebensweg wandeln kann
Ich danke unserm Herrn Christus Jesus, der mich stark gemacht und für treu erachtet hat und in das Amt eingesetzt, mich, der ich früher ein Lästerer und ein Verfolger und ein Frevler war; aber mir ist Barmherzigkeit widerfahren, denn ich habe es unwissend getan, im Unglauben. Es ist aber desto reicher geworden die Gnade unseres Herrn samt dem Glauben und der Liebe, die in Christus Jesus ist. Das ist gewisslich wahr: Christus Jesus ist in die Welt gekommen, die Sünder selig zu machen, unter denen ich der erste bin. Aber darum ist mir Barmherzigkeit widerfahren, dass Christus Jesus an mir als Erstem alle Geduld erweise, zum Vorbild denen, die an ihn glauben sollten zum ewigen Leben.
1. Tim. 1,12–17
Ein junger Mann, Anfang 20, spricht mich auf der Straße an. „Hallo, kennen Sie mich noch?“. Ich muss überlegen. Noch während ich im Gedächtnis krame, stellt er sich vor. In meinen Kopf taucht das Bild eines Kindes auf, das ich in der Grundschule im Reliunterricht hatte. Zwölf Jahre ist das etwa her. Stolz erzählt mir der junge Mann von seiner Ausbildung. Erfolgreich hat er sie abgeschlossen und wurde in eine Festanstellung übernommen. Ich freue mich darüber und staune. Mit mir spricht ein ausgeglichen wirkender junger Mann. Er hat sein Leben im Griff.
Ganz anders als das Grundschulkind, das mir vor Augen ist. Das war ein unruhiger Junge. Er konnte kaum fünf Minuten stillsitzen und sich konzentrieren. Immer ein Quell der Unruhe. Er bemühte sich im Unterricht und blieb trotzdem am unteren Rand der Leistungen in der Klasse. Immer wieder brauchte er Auszeiten. Kleine Aufgaben, die im ruhigen Rahmen bewältigen konnte. Das hat er hinter sich gelassen. Ich freue mich über das, was der junge Mann geschafft hat.
Das Treffen begleitet mich. Ich freue mich über den Weg des jungen Mannes. Er wurde beschenkt. Menschen habe ihn begleitet. Mit ihrem Zuspruch und ihrer Unterstützung waren sie für ihn da. Sie haben das unruhige Kind nicht aufgegeben und abgeschrieben. Sie haben ihn stark gemacht. Er konnte die Gaben entfalten, die tief in ihm versteckt waren.
Ähnliches hat auch Paulus erlebt. Auch er wird beschenkt. Seine Lebenswende ist etwas krasser und plötzlicher – damals vor Damaskus, als Jesus Christus ihn angesprochen hat. Binnen weniger Tage wird aus dem Christenverfolger Saulus der Apostel Paulus. Er trägt von da an das Wort Jesu Christi in die Welt. Ein Geschenk, denn Jesus Christus sieht seine Begeisterungsfähigkeit, seine Entschiedenheit und seine Energie. Seine Gaben, die ihn zum Apostel befähigen. Die Begegnung mit Jesus Christus hat für Paulus verändernde Kraft.
Genau wie bei Paulus sieht Jesus Christus, was in jedem Menschen steckt. Er blickt auf das Innere und die Gaben, die ein Mensch in sich trägt. Diese Gaben stärkt er. Er befähigt sie zu leben. Voller Liebe und voller Barmherzigkeit. Ehre sei Gott. Amen.
Dekanin Uta Lehner, Dekanat an Sulzach und Wörnitz
Gebet: Tiefblickender Gott, dein Blick durchdringt uns. Du siehst, was wir in uns tragen. Nicht immer ist uns selbst das bewusst. Befähige uns diese Gaben zu entdecken und mit ihnen zu deinem Ruhm Welt in der Welt zu wirken. Amen.