Der leise Geist der Liebe entwaffnet

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Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern

Pfingstliche Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern von Wolfgang Buck

Liebt ihr mich, so werdet ihr meine Gebote halten. Und ich will den Vater bitten, und er wird euch einen anderen Tröster geben, dass er bei euch sei in Ewigkeit: den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, denn sie sieht ihn nicht und kennt ihn nicht. Ihr kennt ihn, denn er bleibt bei euch und wird in euch sein.

Joh 14,15–17

In diesen Tagen schüttle ich oft den Kopf und frage mich: Bestimmen weltweit nur noch Lügner den Kurs? 

Trump lässt jeden Tag Unwahrheiten los. Putin lässt seine Propa­gandamaschine das Netz mit Lügen fluten. Von Erdogan, Orban, AfD oder der Zeitung mit den vier großen Buchstaben nicht zu sprechen. 

Auch wenn jeder weiß, dass das alles nicht stimmt, bleiben Lügen hängen wie Dreck an der Wand.

Der neue Papst Leo XIV. hat als erstes JournalistInnen empfangen. Ihre Aufgabe ist die Arbeit an der Wahrheit. In einer Zeit, in der über die Medien die Köpfe mit Unrat geflutet werden, mit Lügen, Verleumdungen, Hetze, um Verwirrung zu erzeugen, da ist die Pressefreiheit eines der höchsten Güter. Papst Leo XIV. sagte: „Wir brauchen keine donnernde, muskulöse Kommunikation, sondern eine Kommunika­tion, die fähig ist, zuzuhören, die Stimme der Schwachen zu erheben, die keine Stimme haben. Entwaffnen wir die Worte, und wir werden helfen, die Erde zu entwaffnen.“ 

Der Geist der Wahrheit, den Jesus uns versprochen hat, ist der Geist der Liebe und des Erbarmens. 

Er ist nicht der Geist, der sich an Trumps Grinsen über unrechtmäßig in Gefängnisse in El Salvador ausgeflogene Menschen erfreut. „Seht ihr nicht das Leid? Regt sich euer Gewissen nicht? Wie könnt ihr da ruhig bleiben?“ Das hat Papst Leo XIV., als er noch Erzbischof Robert Prevost genannt wurde, dazu gesagt. Und zum Vizepräsidenten Vance, der Nächstenliebe einschränken wollte auf die Familie: „Vance liegt falsch. Jesus schreibt uns keine Reihenfolge vor, wen wir mehr oder weniger lieben sollen.“

Zur Hilflosigkeit, die uns manchmal ergreift, sagt Jesus: „Die Wahrheit wird siegen. Der Geist der Wahrheit bleibt in Ewigkeit. Die Liebe und das Erbarmen werden siegen über Zynismus, Herrschsucht und Habgier.“ 

Liebe und Erbarmen kommen bescheiden daher, ohne Fanfaren und Pauken, ohne aufzutrumpfen. Liebe und Erbarmen wirken so, als wären sie machtlos und schwach. Die Mächtigen scheinen die Trümpfe in der Hand zu haben. Sie können den Geist der Wahrheit nicht empfangen, denn sie sehen ihn nicht und kennen ihn nicht. Es ist, als seien es verschiedene Sprachen, die da gesprochen werden. 

Gibt es tatsächlich keine Brücke zwischen dem Geist der Wahrheit und der „Welt“? Dieser Gedanke ist für uns, die wir gelernt haben, Menschen nicht auszuschließen, schwer zu verdauen. Die Meister der Lüge auszuschließen aus dem Zirkel der sich gegenseitig Ernstnehmenden und Ernstgenommenen? Zumindest ihr Lügengeist und ihre Selbstbezogenheit: Sie fallen unter das Ostergelächter, das den Diabolos, den Durcheinanderwerfer, auslacht und ihm unserem Ernstnehmen entzieht und ihn im Lachen stehen lässt. 

Wolfgang Buck, beurlaubter Pfarrer und „Songkünstler“, Walsdorf

Lied EG 136,1: O komm, du Geist der Wahrheit, und kehre bei uns ein.