Eine Zumutung zum Schluss

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Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern

Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern zur Friedensformel am Schluss des Korintherbriefes

Zuletzt, Brüder und Schwestern, freut euch, lasst euch zurechtbringen, lasst euch mahnen, habt einerlei Sinn, haltet Frieden! So wird der Gott der Liebe und des Friedens mit euch sein. ie Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen! 

2. Kor 13,1+13

Heute schreiben wir fast keine Briefe mehr. Die E-Mail ist das gängige Kommunikationsmedium geworden. Am Ende einer solchen elektronischen Nachricht fassen wir uns oft besonders kurz. Die in Briefen noch ausformulierten Grüße werden abgekürzt. Aus den „herzlichen Grüßen“ wird etwa „HG“. 

Zur Zeit des Apostels Paulus gab es natürlich noch keine E-Mail. Dafür aber umso längere Briefschlüsse. Das Ende des Zweiten Korintherbriefs enthält keine abgekürzten „HG“, sondern ein ganzes Programm für Einheit in der Gemeinde, Konfliktbewältigungsstrategien, Ansätze einer (sich später entwickelnden) Theologie der Dreieinigkeit Gottes und jede Menge Möglichkeiten zur Charakterbildung und zum persönlichen Wachstum.

Die Situation in der Gemeinde in Korinth war sehr herausfordernd. Nachdem Paulus die Gemeinde gegründet hatte, kamen falsche Apostel nach Korinth und verbreiteten Irrlehren. Einige Korinther haben den anderen Predigern mehr Glauben geschenkt als Paulus und ihn beleidigt. Folglich wehrt sich Paulus im Zweiten Korintherbrief gegen Angriffe auf seine Person und verteidigt seinen Dienst als Apostel. Trotzdem bemüht er sich um guten Kontakt und darum, dass es in der Gemeinde und im gemeinsamen Glauben an Gott gut weitergehen kann. 

Er fordert die Korinther mitten im Konflikt auf, sich zu freuen, sich ermahnen zu lassen, nach Einheit zu streben und Frieden zu halten. Die Aufforderung des Apostels Paulus ist eine Zumutung. Im wahrsten Sinne des Wortes. Paulus mutet den Korinthern etwas zu, das nicht einfach umzusetzen ist. Was Paulus von den Korinthern fordert, erfordert Selbstbeherrschung und Charakterstärke. 

Aber Paulus beendet seinen Brief nicht damit. Er stellt seiner Zumutung eine Ermutigung zur Seite. Er verheißt: Beim Streben nach Einheit und Frieden, wird Gott mit den Menschen in Korinth sein. Mit göttlichem Beistand wird viel mehr möglich als aus eigener Kraft. Paulus schließt seinen Brief mit einem uns vertraut klingenden Satz über die Dreieinigkeit Gottes. Dieser Vers wird heute oft als Kanzelgruß verwendet. Bei genauerem Hinsehen enthält er weitere Ermutigungen, die helfen können, sich mitten in Auseinandersetzungen über Gott zu freuen, sich etwas sagen zu lassen und nach Einheit und Frieden zu streben. 

Die Gnade Jesu Christi erinnert uns daran, dass Gott uns vergeben hat und uns vergeben wird, wenn wir es trotz allen Bemühens nicht schaffen, Korrektur anzunehmen und friedensdienlich zu handeln.

Die Liebe Gottes – hilft uns, andere Menschen zu lieben. Denn wenn wir uns von Gott geliebt wissen, können wir seine Liebe (leichter) weitergeben, auch und gerade dann, wenn es herausfordernd wird. Und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes – macht uns bewusst, dass wir nicht aus eigener Kraft heraus handeln müssen, sondern uns darauf verlassen dürfen, dass Gott in uns wirkt und uns bei unseren Vorhaben hilft. 

Im Vertrauen auf diesen Beistand können wir in dieser Trinitatiszeit versuchen, die Zumutung des Paulus anzunehmen und umsetzen. Möglichkeiten, nach Einheit und Frieden zu streben, gibt es heute noch genug. Mögen wir erfahren, was Paulus noch verheißt: „Denn Gott ist’s, der in euch wirkt beides, das Wollen und das Vollbringen, nach seinem Wohlgefallen“ (Phil 2,13).

Pfarrerin Dr. Nina Meyer zum Felde, Kissing