Filmreif verwickelt

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Regisseur Kurtz (Peter Pruchniewitz) erklärt dem Star Andra (rechts: Andreas Fischer-Klärle) und dem Dorfmimen Addi (Frank Wiedenmann) die Handlung. Schneiderin Irmi (Carmen Laub) hat die Kostüme fest im Griff. Foto: FLT
Regisseur Kurtz (Peter Pruchniewitz) erklärt dem Star Andra (rechts: Andreas Fischer-Klärle) und dem Dorfmimen Addi (Frank Wiedenmann) die Handlung. Schneiderin Irmi (Carmen Laub) hat die Kostüme fest im Griff. Foto: FLT

„Abgedrehtes“ Stück im Freilandtheater

Bad Windsheim. Ein Stück im Stück – genauer: ein Film im Freilandtheater: Diese komplexe Erzählkonstruktion wagt das Freilandtheater mit seinem aktuellen Stück „Abgedreht“. 

Die Rahmenhandlung spielt im Jahr 1927 in einem mittelfränkischen Dorf, das um seine Zukunft bangt. Der Bürgermeister hat eine neuartige Idee: Ein Berliner Filmteam soll ein Historiendrama drehen – und zwar direkt in der Dorfidylle. Schließlich hat ein Dorfbursche begonnen, als Kameramann in der weiten Welt Karriere zu machen.

Gegenstand des Films ist das Stück „Das fliegend Schweyn“, das bereits 2004 die erste Saison des Freilandtheaters einläutete. Zwei Burschen stehlen darin ein Schwein. Als sie erwischt werden, behaupten sie: Es sei durch Zauberei zu ihnen geflogen. Da reist selbst der Fürstbischof an, um diese Hexerei aufzuklären. Bedrohlich wird es für eine verwirrte Frau im Dorf. Nur mit einer List gelingt es der Dorfgemeinschaft, sich von der übergriffigen Obrigkeit zu befreien.

Der damalige Erfolg, trotz Regen, Kälte und zunächst zögerndem Publikum, markierte einen Meilenstein für das Freilandtheater. Einige der Schauspielerinnen und Schauspieler von damals kehren nun sogar in denselben Rollen zurück. Auch das Wetter schwankt nun erneut zwischen Hitze und drohenden Gewittern. Zum Glück hielt es sich dann doch manchmal besser als vorhergesagt.

Doch auch innerhalb der neuen Rahmenhandlung läuft längst nicht alles glatt: Das Zusammentreffen von weltgewandten Filmleuten, verwöhnten Stars und bodenständiger Dorfbevölkerung führt zu skurrilen Momenten. Zudem platzen Reifen, ein dressiertes Schwein randaliert, Zimmerbuchungen gehen verloren. Hinter den Kulissen kommt es zu vielen Pannen und Reibereien – alles Zufall? 

Und welche Rolle spielt da ein dunkler und blinder Kapuzenmann? Da drängt ein finsteres Kapitel der Dorfvergangenheit an die Oberfläche: Ein gemeinsamer Raubzug gegen Freikorpsmänner im Jahr 1919.

Neben all den Turbulenzen bietet „Abgedreht“ auch reichlich Reflexion: Über die künstlerischen Möglichkeiten von Film und Theater oder zwischen Stumm- und Tonfilm. Und über die Frage, was das „wahre Leben“ von medialer Illusion trennt.

Trotz der Vielzahl an Handlungsebenen bleibt die Inszenierung unter der Regie von Christian Laubert zugänglich und mitreißend – auch wenn es Zusammenfassungen vielleicht etwas komplex macht. 

Den überraschenden, fast märchenhaftem Schluss, in dem sich alle Verwicklungen in Wohlgefallen auflösen, fängt in ein schwungvolles Lied und eine Filmvorführung auf. Da erscheinen einige der eben gespielten Szenen nun im verfremdeten Stil des Stummfilms. Es ist ein versöhnlicher, fast ironischer Ausklang des Stücks, das mit viel Humor, Tiefgang und Schwung die Grenzen zwischen Bühne, Leinwand und Realität verschwimmen lässt.

Vorstellungen dienstags bis samstags bis 16. August jeweils um 20.30 Uhr. Mehr Infos und Restkarten bestellbar unter https://www.freilandtheater.de