Was kann ich noch weitergeben?

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Inge Wollschläger Editorial Hintergrundbild Kraus

Editorial im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern von Inge Wollschläger

Es gibt Nachmittage, die sich tiefer einprägen als andere. Einer dieser besonderen Momente hat sich kürzlich bei einem Seniorenkreis ereignet, deren Leitung ich inne hatte. Wir hatten eine Frau zu Gast, die aus ihrem Leben erzählte – von ihrer Kindheit, ihrer Jugend und davon, wie sehr sie von ihrer christlichen Prägung getragen wurde. Schon früh war sie mitgenommen worden in den Kindergottesdienst, in die Jugendschar und in die Welt der biblischen Geschichten und Lieder. Diese Erfahrungen, sagte sie, seien für sie bis heute ein Fundament.

Zwischendurch sangen wir miteinander. Alte Kirchenlieder, mit vertrauten Melodien, Worte, die längst Teil unserer Erinnerung geworden sind. Dazu kamen wir alle ins Gespräch und manche erzählten, wie sie selbst Glauben erfahren und gelebt hatte, welche Verse und Psalmen Trost gespendet oder durch schwere Zeiten getragen hatten. Es gab sogar heiteres Lachen, als Merksprüche zu den biblischen Büchern aufkamen. Es war eine wunderbare Leichtigkeit im Raum. Doch zugleich wurde auch eine ernste Frage laut: Wie lässt sich dieser Schatz weitergeben? Heute lernt kaum jemand noch Gedichte, Bibelverse oder Psalmen auswendig. 

Was also tun, wenn wir spüren, dass das, was uns so wichtig war, in den kommenden Generationen nicht mehr selbstverständlich ist? Die Antworten waren von großer Ehrlichkeit geprägt. Viele sagten: „Wir haben es nicht in der Hand.“ Wir können Samen säen, wir können vorleben, wir können erzählen und singen – aber wie es aufgeht, bleibt nicht uns überlassen. Einige sagten schlicht: „Der Rest liegt bei Gott.“

Als die Veranstaltung zu Ende ging, geschah etwas Überraschendes. Eine junge Frau, die an einer Parallelveranstaltung im Haus teilgenommen hatte – einer Veranstaltung, die keinen religiösen Bezug hatte – kam auf mich zu. Sie fragte neugierig: „Wer hat denn da so schön gesungen? Das hat mich richtig berührt.“ Es war nur ein kurzer Moment, doch er brachte auf wunderbare Weise zum Ausdruck, worum es an diesem Nachmittag eigentlich ging.

Wir wissen nicht, wie sich unsere Worte und Taten in die Welt hin auswirken. Wir wissen nicht, wen sie erreichen, wen sie berühren.Manchmal fällt unser Tun scheinbar ins Leere – und manchmal erreicht es Menschen, von denen wir es nie erwartet hätten.