Am Ende allein – muss das sein?

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Chefredakteurin Susanne Borée, Hintergrundbild von Erich Kraus

Editorial zum Ewigkeitssonntag im Sonntagsblatt von Chefredakteurin Susanne Borée über Einsamkeit am Lebensende

„Einsamkeit vermeiden“ – das einfachste Rezept für eine halbwegs gutes Sterben, um nicht der kalten Logik der Apparate ausgeliefert zu sein, meint Medizinethikerin Alena Buyx. Welches medizinische Handeln ist noch sinnvoll oder verursacht zu viele Schmerzen. 

Da können die Angehörige für den Kranken sprechen. Ehepartner stehen inzwischen sowieso füreinander ein. Da hilft es, sich zuvor auch über die jeweiligen Vorstellungen an der Grenze ausgetauscht zu haben. Andere nahestehende Menschen lassen sich durch eine Vorsorgevollmacht in diese Aufgabe einsetzen.

Natürlich kann jeder auch in einer Patientenverfügung klären, in welcher Form er oder sie sich noch am Ende behandeln lassen will. Doch kaum ein Mensch konnte sich wohl zuvor wirklich vorstellen, wie es ihm in dieser Grenzsituation geht. 

Alleine sind die Sterbenden auch mit guter Fürsprache – niemand kann sie auf ihrem letzten Weg begleiten. Doch gute Vorbereitung hilft – dazu gehört auch ein mitfühlender Fürsprecher. Die medizinischen Entwicklungen geschehen viel schneller als eine Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen. 

Immer noch sterben die allermeisten Menschen einsam auf der Intensivstation, obwohl die meisten friedlich im Kreise ihrer Familie ihre letzten Atemzüge tun wollen. 

Wenn nun die Angehörigen alleine zurück bleiben, entstehen in der digitalen Welt neue Formen des Trosts. KI-Avatare sprechen mit den Stimmen Verstorbener, halten ihre Erinnerungen wach und führen virtuelle Gespräche wo reale fehlen. Für manche sind sie eine Hilfe, um den Verlust zu verarbeiten und Trost in ihrer Trauer zu finden. 

Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass sie immer mehr in einer Illusion leben. Gerade wenn die Hinterbliebenen selbst einsam sind, könnten sie in Versuchung geraten, sich dauerhaft an den digitalen Zwilling des Verstorbenen zu binden und den Abschied zu verschieben. 

Für manchen Menschen ist es aber leichter gesagt als getan: Die Einsamkeit zu überwinden und Nähe zu wagen, auch wenn sie weh tut. Vielleicht liegt die Aufgabe unserer Zeit darin, Einsamkeit nicht technisch zu überlisten, sondern menschlich auszuhalten? 

Und die Hoffnung auf das große Trotzdem der christlichen Botschaft nicht zu verlieren: Das Sterben ist kein „Ende, sondern eine Wende“, um „im Buch des Lebens“ zu stehen (Phil 4,3).