Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern über Gottes Einladung
Wohlan, alle, die ihr durstig seid, kommt her zum Wasser! Und die ihr kein Geld habt, kommt her, kauft und esst! Kommt her und kauft ohne Geld und umsonst Wein und Milch! Warum zählt ihr Geld dar für das, was kein Brot ist, und euren sauren Verdienst für das, was nicht satt macht? Hört doch auf mich, so werdet ihr Gutes essen und euch am Köstlichen laben. Neigt eure Ohren her und kommt her zu mir!
Jesaja 55,1–3
In einem Restaurant steht häufig auf den Tischen ein Kärtchen mit „reserviert“. Einen Tisch bekommt man nur, wenn man Glück oder vorher einen Platz reserviert hat.
Bei Gott ist das anders. Gott kommt auf die Menschen zu, jeder hat einen Platz bei ihm, man muss diesen nicht vorher anmelden, darauf warten, oder bekommt vielleicht gar keinen. Bei Gott ist jede und jeder eingeladen. Der Tisch Gottes ist für alle offen und man ist frei daran Platz zu nehmen – man ist willkommen.
Das ist die Kernaussage des 2. Sonntages nach Trinitatis. Im Evangelium steht, dass die Armen und Verkrüppelten, Blinden und Lahmen von den Straßen und Gassen, Landstraßen und Zäunen eingeladen werden. Die Vielfalt ist Konzept. Am Tisch Gottes entsteht Gemeinschaft. Aus Fremdlingen werden Hausgenossen.
Mich erinnert diese Textstelle an ein Projekt, das in der Passionszeit von einer Diakonin in der Petruskirche in Neu-Ulm angeboten wurde. Es lautete: Tisch frei. Gemeinsam essen – teilen – reden – Gemeinschaft. Ein Platz für dich. Die Zielgruppe waren Menschen die Gemeinschaft oder Gespräche suchten und neue Kontakte knüpfen wollten. Sowohl Gemeindemitglieder, als auch Fremde und Spontanentschlossene waren dabei im Fokus. Und sie kamen. Was sie vorfanden war eine geheizte Kirche und eine vorbereitete Tafel. Auf jedem Platz stand ein Kärtchen mit einem Willkommensgruß. Grundnahrungsmittel waren vorhanden, konnten aber auch mitgebracht werden. Zu jedem Termin gab es einen geistlichen Impuls, ein Gebet und einen Gesprächsimpuls.
Eine Anmeldung war nicht nötig. Ebenso musste nichts mitgebracht werden, aber es bestand immer die Möglichkeit von der auch gerne Gebrauch gemacht wurde. Und so entstand eine besondere Atmosphäre der Gastfreundschaft und Nähe an dem Ort an dem sonst der Gottesdienst gefeiert wird. Die Menschen kamen und sie hörten auf Gottes Wort und keiner musste allein essen, was sonst häufig der Fall ist.
Es gab gutes Essen und alle konnten sich am Köstlichen laben. Beim letzten Treffen waren dann alle ein wenig wehmütig, dass die gemeinsame Zeit vergangen war. Dieses Projekt hat mir deutlich gemacht, dass Essen und Trinken sowie Gemeinschaft Leib und Seele zusammenhalten.
Jean-Pierre Barraud, Pfarrer in Neu-Ulm
Gebet: Alle guten Gaben, alles was wir haben, kommt o Gott von Dir, wir danken Dir dafür. Amen.