
Editorial im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern von Raimund Kirch
Zugegeben: Dies ist ein Binnenthema, mit dem wir bei unseren Enkeln nur einen genervten Augenaufschlag ernten würden. Für uns war es damals jedoch wichtig, wenn auch eine Frusterlebnis, als vor 25 Jahren die katholische Kirche ihr Papier „Dominus Jesus“ herausbrachte, in dem sich Rom als die einzig wahre Kirche darstellte und die reformatorischen Denominationen brüskierte. Schließlich war ein Jahr zuvor in Augsburg feierlich die Erklärung zur Rechtfertigungslehre unterzeichnet worden. 500 Jahre nach den Verwerfungen durch die Reformation sollten die theologischen Konflikte jener Zeit damit beigelegt werden.
Wir Journalisten säkularer Medien hatten schon damals unsere liebe Not, zu erklären, worum es eigentlich geht. Denn von Rechtfertigung, von Gnade und Glauben zu reden ist ja nicht ohne. Wir waren dennoch hoffnungsfroh, dass die Kirchen nun schneller zusammenwachsen würden. Zumal sich ja der langjährige bayerische Landesbischof Johannes Hanselmann und der zuständige Chef der Glaubenskongregation, Joseph Kardinal Ratzinger, zwei Bayern also, bei den Vorarbeiten ausnehmend gut verstanden hatten.
Umso enttäuschter mussten wir ein knappes Jahr später feststellen, dass den evangelischen Kirchen im Papier Dominus Jesus bescheinigt wurde, keine solche im eigentlichen Sinn zu sein.
Begründung: Nur die katholische Kirche sei von Christus gestiftet und lebe in seiner Tradition, Papsttum und Mysterium des Abendmahls inbegriffen.
Wir Journalisten vermeinten, ein Machtwort des regierenden Papstes Johannes Paul II herauszuhören; doch auch sein Nachfolger, besagter Kardinal Ratzinger, bestätigte als Benedikt XVI. im Jahr 2007 die Einzigartigkeit der katholischen Kirche. Was einen erneuten Stich im Herzen der Ökumeniker bedeutete.
Andererseits ließen sich die Akteurinnen und Akteure davon in ihrer praktischen Arbeit nicht leiten. Die „Ökumene von unten“ hat nicht gelitten. Im Gegenteil. Die offiziellen Papiere mögen ein Binnenthema sein; das von der Praxis – Gott sei Dank – dorthin verbannt wird, wo es hingehört. In den Bücherschrank der Kirchengeschichte.