Gottes Treue macht fest

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Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern

Weihnachtliche Andacht im Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern von Landesbischof Christian Kopp

Bei der Treue Gottes, unser Wort an euch ist nicht Ja und Nein zugleich. Denn der Sohn Gottes, Jesus Christus, der unter euch durch uns gepredigt worden ist, durch mich und Silvanus und Timotheus, der war nicht Ja und Nein, sondern das Ja war in ihm. Denn auf alle Gottesverheißungen ist in ihm das Ja; darum sprechen wir auch durch ihn das Amen, Gott zur Ehre. Gott ist’s aber, der uns fest macht samt euch in Christus und uns gesalbt hat und versiegelt und in unsre Herzen als Unterpfand den Geist gegeben hat.

2. Kor 1,18–22

Advent und Weihnachten sind für mich Zeiten, in denen ich nach dem Halt im Leben frage. Das ist in der Gegenwart besonders stark. Man hat den Eindruck, alles wackelt irgendwie. Es ist so eine Unruhe in die Welt eingezogen. Manchmal fühlt es sich für mich so an: zu viele Nachrichten, zu viel Gewalt, zu viele Widersprüche, zu viele Lügen. Die Welt wackelt – und die eigene Welt oft mit. 

Für den Apostel Paulus war die Frage nach dem Halt im Leben zentral. Auch bei ihm geraten Pläne ins Rutschen. Die frühen Christinnen und Christen schätzen seine klugen Briefe und auch sein Auftreten – aber sie zweifeln an ihm und an an seiner Glaubwürdigkeit. Paulus lässt sich aber nicht beirren. Paulus bleibt dran. 

Manchmal nenne ich Paulus meinen „Theo-Therapeuten“: Er nimmt die Lage in der Gegenwart ernst und benennt die Fragen klar. Er schreibt immer wieder über den Untergrund und Boden, der ihn trägt. Sein Satz vom unbedingten Ja Gottes und Gottes Liebe zu den Menschen erklingt mitten in der Unsicherheit. Und auch deshalb ist er stark. Und bald 2.000 Jahre später lesen Menschen nach wie vor die Paulusbriefe und ziehen Kraft aus diesen Gedanken.

Gottes Weihnachts-Zusage bleibt. Nicht ein bisschen, nicht schwankend. Es ist ein aufrechtes, verlässliches Ja. Versprochen ist versprochen und wird auch nicht gebrochen. Unser Gott ist treu. In der Geschichte der Kinder Gottes zieht sich das wie ein dicker roter Faden durch alles. Die Liebe Gottes gibt Zuversicht in Zeiten, die unruhig sind. Gott ist da – für dich, für mich, für alle anderen. Er bleibt da. Und wir auch. Das Amen des Gebets fasst dies zusammen. Das Wort am Ende des Gebets heißt: es ist wahr, es bleibt. Und das ist eine gute Haltung. Ein Versprechen: Ich stehe in diesem Ja Gottes. Da können Menschen anderen Halt geben. 

Das hat auch mit Anstand zu tun. Ich habe vor einer Weile mit ein paar jungen Erwachsenen gesprochen. Wir kamen auf viele Themen: Politik, auf Wahlen, auf das, was sie beunruhigt. Einer sagte: „Ich will nur, dass man vernünftig miteinander umgeht.“ Eine andere meinte: „Anstand ist mir wichtiger als alles andere.“ 

Mich hat das überrascht. Das Wort Anstand klingt für manche altbacken. Ein Wort wie aus einer anderen Zeit. Ursprünglich bedeutet Anstand, dass etwas am Platz ist. Das Wort „Anstand“ hat etwas Festes, so ein „Das gehört sich aber so“-Gefühl. Anstand ist zutiefst christlich. Dieses einfache Bemühen, den anderen nicht aus den Augen zu verlieren. Nächstenliebe ohne große Worte. In der Advents- und Weihnachtszeit wird diese Sehnsucht besonders spürbar. 

Der Dichter Ghayath Almadhoun hat dafür einen feinen Satz gefunden: „Ich glaube, es gibt eine kleine Hoffnung auf eine kleine Hoffnung.“ Das spricht davon, dass Hoffnung nicht groß sein muss, um zu wirken. Dass sie nicht laut auftreten muss, um wahr zu werden. Das Kleine reicht. Gottes Ja ist diese kleine Hoffnung. Und sie verändert, wie wir die Welt ansehen. Sie macht wach für das, was trägt. Sie gibt uns eine offene Haltung. Und sie bewegt dazu, anderen Halt zu geben. 

So legt unser Gott eine Spur in die Weihnachtstage: fest, verlässlich, unscheinbar und doch kraftvoll. Ein Ja, das trägt. Und ein Amen, das weiterführt.

Christian Kopp, Evangelischer Landesbischof in Bayern

Gebet: Gott, dein Ja hält uns in unruhigen Zeiten. Stärke unser Vertrauen, wo es brüchig wird, und unsere Treue, wo andere auf uns zählen. Lass dein Licht in dieser Welt aufscheinen. Amen.

Lied 37: Ich steh an deiner Krippen